Personenwagen

Die Bezeichnungen "Personenwagen" und "Güterwagen" gibt es so eigentlich nicht in Großbritannien und Irland. Vielmehr wird zwischen "Coaches" und "Wagons" unterschieden. In Coaches wird Ladegut transportiert, welches zeitkritisch am Zielort sein muss. Darunter fallen Personenwagen, aber auch die sogenannten Non-Passenger Carrying Coaching Stock, dazu siehe dort.

Staatsbahn-Personenwagen (nach 1948)

British Railways begann 1951 mit dem Bau von Mark-1-Wagen, welches die Standardbauart werden sollte. Nach 1961 gebaute Mark 1 wurden mit Commonwealth-Drehgestellen ausgestattet. Alle Personenwagen, auch die von den Big Four übernommenen, wurden zunächst in Crimson & Cream lackiert. Ende der 50er Jahre ging man aber wieder dazu, getrennt nach Regionen die althergebrachten Lackierungen zu verwenden. Um 1967 kamen die Mark-2-Wagen auf. Die Prototypen waren noch maroon, aber die Serie wurde dann bereits in Blue & Grey ausgeliefert. Es gab eine kurze Zeit, in der die letzten Dampfloks noch fuhren, aber bereits Mark-2-Zuggarnituren fuhren. Allgemein assoziiert man aber Mark 2 mit der bereits dampflokfreien Zeit. Mark 1 wurden ebenfalls in Blue & Grey umlackiert, jedoch wurden die Personenwagen der Big Four bis auf wenige Ausnahmen wie Buffet Cars oder Sleeper allesamt ausgemustert.
Seit 1975 sind Mark-3-Wagen für den InterCity 125, seit 1989 Mark-4-Wagen für den InterCity 225 im Einsatz.

Nummerierung

Personenwagen tragen eine Nummer, die sie eindeutig identifiziert. Diese befindet sich an der Wagenseite und trägt einen Buchstabenpräfix, der die Regionen von British Railways angab, von der der Wagen eingesetzt wurde. Wagen, die von einer der Big Four übernommen wurden, bekamen außerdem einen Suffix, der die ehemalige Bahngesellschaft kennzeichnete, indem er die Werkstattzuständigkeit anzeigte. Meist stimmten Prä- und Suffixe überein.

E Eastern Region
M London Midland Region
NE North Eastern Region
S Southern Region
Sc Scottish Region
W Western Region

Die Nummern waren mehrheitlich fünfstellig und stammten noch von den Vorgängergesellschaften. Bei der Einführung von TOPS mussten einige Nummernbereiche verschoben werden, um Doppelbelegungen mit Lokomotiven zu vermeiden. Seitdem gibt es keinen Formatunterschied zwischen Loks und Personenwagen mehr.

Eine Besonderheit ist, dass Triebwagen zusätzlich zur Triebwagennummer generell auch pro Wagen eine Nummer haben, da es sich ja auch um Personenwagen handelt.

Personenwagen der Big Four (vor 1948)

Nachdem die Prämisse, Personenwagen über kleine Drehscheiben innerhalb eines Bahnhofes von einem auf ein anderes Gleis zu befördern, fallen gelassen wurde, wurden die zunächst vierrädrigen Personenwagen länger unnd später sechsrädrig. Personenwagen mit Drehgestellen kamen nicht vor 1874 auf. Dennoch waren Mitte der 1920er Jahre immernoch zwei Drittel aller Personenwagen keine Drehgestellfahrzeuge. In dieser Zeit investierten die Big Four sehr viel in ihren Park von Personenwagen, um möglichst modern aufzutreten. Das führte dazu, dass es bis zur Verstaatlichung der Eisenbahnen 1948 so gut wie keine vier- und sechsrädrigen Personenwagen mehr gab, die Britische Eisenbahnen präsentierten sich als komplett mit Drehgestellwagen.

GWR

  • Collett Corridor Stock
  • Hawksworth Corridor Stock (nach 1941)
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Ex-Cambrian-Railways-Wagen in der frühen British-Railways-Lackierung von British Railways.

LMS

  • Period I Stock
  • Period II Stock
  • Period III Stanier Stock
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Ein Dreiwagen-Set aus Period-2-Wagen, zusammen mit zwei Period-3-Verstärkerwagen 1963.

LNER

Die LNER übernahm 1923 von ihren Vorgängergesellschaften rund 20.000 Personenwagen unterschiedlichster Bauart. Unter Gresley wurden ab Gründung die Personenwagen auf ein Design vereinheitlicht. Seine 61,5 Fuß langen Wagen wurden durchweg bis 1942 gebaut, obwohl sie vor 1927 schmaler waren. Für die Great Eastern Region wurden kürzere 52,5 Fuß lange Wagen beschafft, allerdings nur bis 1938. Der Sinn war, dass mit nur 52,5 Fuß langen Wagen mehr Wagen an die kurzen Bahnsteige von London Liverpool Street passten.

Generell zeichnen sich die Wagen durch Echtteakholzvertäfelung, ihre charakteristische Regenrinnenform und ihre abgerundeten Enden aus. Alle Personenwagen von Gresley waren bis etwa 1965 im Einsatz, die Vans etwas länger.

Thompson ließ neue Personenwagen nach dem Krieg bauen, dabei kam eine Stahlkonstruktion zum Einsatz. Das Teakholz auf den Wagen war nur aufgemalt, um sie den hölzernen Wagen anzupassen. Thompson Coaches zeichnen sich durch ovale Fenster aus, ein Charakteristikum, das eigentlich nicht auf Thompson selbst, sondern auf den damaligen Chief General Manager Sir Charles Newton zurück, weshalb die Wagen auch als Newton Coaches bezeichnet werden.

Unter Gresley wurden einige Sonderbaureihen angefertigt. Die bekanntesten waren The Coronation und der Silver Jubilee, welche komplett neue Konstruktionen waren, aber auch weniger bekannte Züge wie The East Anglian oder The Continental hatten eigene Wagen. Sie liefen immer als feste "Sets".

Sowohl Gresley als auch Thompson bauten auch Suburban Coaches, also Wagen, die keine Verbindung zwischen den einzelnen Abteilen besaßen. Sie waren bevorzugt im Vorortverkehr im Einsatz (Articulated (mit Jakobsdrehgestellen) Twins auf der Great Northern und Great Central Main Line, Quad Arts für die Great Northern und Great Eastern Section und Arrticulated Quints für die "Jazz"-Züge ab London Liverpool Street), generell aber eher im Semi-Fast Service oder auf Nebenbahnen.

SR

  • Maunsell Corridor Stock
  • Bulleid Stock (nach 1937)
  • Maunsell Push-Pull Sets
  • LSWR Gate Stock

Wagenklassen

Ausgehend von einem dreiklassigen Angebot entschloss sich bereits 1875 die Midland Railway zu einer bahnbrechenden Neuerung, indem sie die II. Klasse bei allen Zügen aufhob. Die anderen Gesellschaften mussten wegen des Wettbewerbs notgedrungen dem Beispiel folgen. Um 1900 hatten nur noch die Great Western Railway (GWR), die London and North Western Railway (LNWR), die London and South Western Railway (LSWR), die London, Brighton and South Coast Railway (LBSCR) und die South Eastern and Chatham Railway (SECR) die II. Klasse im Angebot. Die GWR hob die II. Klasse 1910 und die LNWR Ende 1911 auf. Lediglich die LSWR und die SECR behielten auf ihren Hauptstrecken die II. Klasse bis 1918 bzw. 1923 bei.

Die 1st bot etwa den Komfort der damaligen Zweiten Klasse (heute Erste Klasse) auf dem Kontinent, die 3rd jedoch war viel komfortabler als jenseits des Kanals. In den 1930er Jahren war die 2nd praktisch verschwunden. Ausnahmen waren einige Fährbootzüge, in denen, wie in Kontinentaleuropa auch, drei Klassen angeboten wurden.

1956 wurde die Dritte Klasse in Zweite Klasse umbenannt. Die Bedeutung des nun für diese Klasse verwendeten Buchstabens S wurde 1987 zu Standard Class geändert. Trotzdem gab es auch nach 1956 noch einige wenige Züge mit quasi drei Klassen, die sogenanten Boat Trains, die an den Kanalhäfen von Dover und Harwich Anschluss an dreiklassige Fährverbindungen hatten. Die Entsprechung der zweiten Schiffsklasse wurde bei British Railways als Boat Second bezeichnet, die Sitzabstände waren etwas größer als in der damaligen Zweiten Klasse. Offiziell gab es diesen Unterschied aber nicht mehr.

Arten von Personenwagen

British Railways zeichnete ihre Personenwagen mit Buchstabencodes aus, die den Aufbau und/oder den Verwendungszweck des Wagens beschreiben. Diese Codes heißen offiziell "Coach Designations".

B (vorangestellt) Brake: Der Wagen hat ein Abteil für den Guard und Stauraum für Gepäck/Parcels.
B (am Ende) Buffet: Der Wagen hat ein Buffetbereich.
C Composite: Der Wagen hat Abteile für mehrere Klassen, meist First/Third (später: First/Standard).
D Driving: Bei Personenwagen steht es für ein Steuerabteil (nur DBSO).
F First: Nur Erste Klasse.
K Corridor: Der Wagen hat einen an der Seite verlaufenden Korridor und getrennte Abteile.
O Open: Großraumwagen, der Gang verläuft in der Mitte.
R Restaurant: Restaurantwagen.
RK Restaurant Kitchen: Restaurantwagen mit Küche.
S Second (nach 1987 Standard): Nur Zweite Klasse.
SL Sleeper: Schlafwagen.
T Third: Nur Dritte Klasse.

1956 wurde die dritte Klasse in „2nd class“ umbenannt, wodurch alle Wagen mit T zu S-Wagen wurden. Seit 1987 wurden die beiden Wagenklassen – aufgrund der inzwischen stattgefundenen Sektorisierung von British Rail bei den einzelnen Sektoren (InterCity, Network SouhEast, Regional Railways) zu unterschiedlichen Zeitpunkten – als „First Class“ und „Standard“ umbezeichnet.

Sets

Im Süden Großbritanniens trugen die meisten Wagen neben der Wagennummer noch eine weitere Nummer, wenn sie Bestandteil eines Sets, also einer fest gekuppelten Einheit waren. Dies traf und trifft auf alle Triebwagen mit TOPS-Beschriftung zu, allerdings konnten auch lokbespannte Wagen zu einem Set zusammengestellt sein. Set-Nummern befanden sich bei der Southern Railway und später der Southern Region auf den Stirnseiten der Endwagen.
Bei der LMS und LNER konnten Wagen zu einem Set gekuppelt sein, so dass sie im Betrieb nicht auseinandergenommen wurden. Eine spezielle Nummer wurde nicht extra vergeben.
Hornby brachte 2012 ein Dreiwagenset bestehend aus zwei Maunsell Brake Thirds und einem dazwischen fahrenden Maunsell Corridor Composite in 00 in BR(S) green heraus.

Diese Personenwagen waren (nur betrieblich) fest gekuppelt und wurden als Einheit verwendet. Ein Beispiel bilden die Maunsell 3 Car Sets, welche aus 2 BTK mit einem CK dazwischen bestanden. Mit mehreren solchen Sets wurden Züge gebildet, die dazu gedacht waren, geteilt zu werden und verschiedene Endbahnhöfe anzusteuern. Beispielsweise wurde die Somerset and Dorset Joint Railway zu BR-Zeiten mit solchen Zügen direkt von London Paddington aus bedient.

Gangway Connections

Die GWR und LMS benutzten zwischen ihren Wagen Übergänge von einer anderen Konstruktion als die LNER und SR, welche denselben Typ wie bei den Pullman-Wagen verwendeten. Der Typ der GWR und LMS hieß "British Standard Gangway". Der Pullman-Typ wurde von British Railways zum Standard erklärt, BS Gangways wurden nicht mehr neu verbaut.

Mixed Trains

Gemischte Züge, also in denen sowohl Personen- als auch Güterwagen eingestellt waren, gab es meist nur vor dem Zweiten Weltkrieg. Unter British Railways durften in der Regel nur Non-Passenger Carrying Coaches wie z.B. Vans oder Milk Tanker einem Personenzug beigestellt werden. Nachdem British Railways vier- und sechsrädrige NPCC in Personenzügen verbot, konnten nur noch Bogie Vans in Personenzügen befördert werden.
Ausnahmen gab es auf einigen Nebenbahnen, vor allem in der Western Region.

Personenwagen der Pionier- und Pre-Grouping-Zeit

Siehe Hauptartikel: Personenwagen der Era 1 und 2

Personenwagen nach Gesellschaften unterteilt

Siehe Übersicht: Personenwagen nach Gesellschaften

Weiterführende Links

Weiterführende Literatur

Michael Harris: LNER Coaches. ISBN 978-1-906419-52-3

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Dampflokomotiven, Diesellokomotiven, Elektrolokomotiven, Triebwagen, Güterwagen

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