Eisenbahnbremse

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Nach einem Eisenbahnunfall bei Abbots Ripton 1876 kamen die langen Bremswege von Expresszügen – damals mit einer Geschwindigkeit von maximal 45 mph (etwa 70 km/h) – in die Diskussion. Durch Testfahrten wurde festgestellt, dass für ungebremste Züge das Bremsoptimum bei 2 Brake Vans lag. Das bedeutet, dass durch die größere Masse eines dritten Brake Vans keine schnellere Bremsung erfolgte. Im Gegensatz dazu konnte bei Ausrüstung des Vergleichszuges mit selbsttätigen Bremsen (englisch automatic brakes) nahezu eine Halbierung der Bremsstrecke und -zeit erreicht werden. Der Nutzen einer durchgehenden selbsttätigen Bremse war bewiesen.

Fünf Bremssysteme wurden daraufhin ausprobiert:

  • Die Heberleinbremse (englisch chain brake), die aber nur für kurze Zuglängen ausreichend gut funktioniert,
  • die Hydraulische Bremse, bei der hydraulischer Druck von der Lokomotive die Bremsen der Wagen ansprach, sich aber als frostempfindlich erwies,
  • die Westinghouse-Bremse,
  • die einfache Vakuumbremse, bei der das auf der Lokomotive erzeugte Vakuum die Bremsen der Wagen direkt ansprach, sowie
  • die selbsttätige Vakuumbremse.

Die Westinghouse-Bremse hat Absperrhähne in der Bremsleitung an jedem Wagenende. Damit wird die Druckluftleitung am Zugschluss abgesperrt. Allerdings führt ein Absperren der Druckluftleitung in der Zugmitte dazu, dass die Bremsen des Zugschlusses bei Bremsungen unwirksam bleiben. Die Vakuumbremse dagegen macht von Stutzen Gebrauch, fest am Wagenende angebrachte Teile, auf die der Vakuumschlauch am Zugschluss aufgesteckt wird. Da der Schlauch nur entweder auf dem Stutzen aufgesteckt oder mit dem Schlauch des Nachbarwagens verbunden sein kann, ist es somit ausgeschlossen, dass ein Zug mit teilweise unwirksamen Vakuumbremsen anrollen kann (es sei denn durch Einbringung von Fremdkörpern in den Bremsschlauch wie beim Eisenbahnunfall von Seven Kings 1963).

Um 1900 hatten die britischen Eisenbahngesellschaften unterschiedliche Bremssysteme im Gebrauch. Die meisten verwendeten die selbsttätige Vakuumbremse, aber die Great Eastern Railway, North Eastern Railway (nur bis etwa 1910), Caledonian Railway, North British Railway und die London, Brighton and South Coast Railway verwendeten die Westinghouse-Bremse.
Daher hatten einige Gesellschaften eine Anzahl von Lokomotiven die mit beiden Bremssystemen ausgerüstet waren, um Züge benachbarter Gesellschaften auf ihr Streckennetz übernehmen zu können. Die Great Central Railway rüstete Ihre Personenwagen ab 1909 sowohl mit Vakuumbremse, als auch mit Westinghouse-Bremse aus.

Da für die Westinghouse-Bremse aber Lizenzgebühren zu bezahlen waren, kristallisierte sich die Vakuumbremse nicht zuletzt durch das Zusammenfassen 1923 der vielen Privatbahnen zu den Big Four als Standard heraus.

Bremsausrüstung von Diesellokomotiven

Hauptartikel: Diesellokomotiven
Lokomotive Vakuumbremse Druckluftbremse
Class 03 ja einige später nachgerüstet
Class 04 ja
Class 05 ja
Class 08 ja, später bei einigen ausgebaut einige später nachgerüstet
Class 09 ja, später bei einigen ausgebaut einige später nachgerüstet
Class 14 ja
Class 15 ja
Class 16 ja
Class 17 ja
Class 20 ja, später bei einigen ausgebaut einige später nachgerüstet
Class 21 ja
Class 22 ja
Class 23 ja
Class 24 ja
Class 25 ja einige Class 25/1 später nachgerüstet
Class 26 ja
Class 27 ja einige später nachgerüstet
Class 28 ja
Class 29 ja
Class 30/31 ja einige später nachgerüstet
Class 33 ja ja
Class 35 ja
Class 37 ja, später bei einigen ausgebaut einige später nachgerüstet
Class 40 ja einige später nachgerüstet
Class 41 ja
Class 42 ja
Class 43 ja
Class 44 ja
Class 45 ja ja
Class 46 ja
Class 47 ja, später bei einigen ausgebaut einige später nachgerüstet
Class 48 ja
Class 50 ja ja
Class 52 ja
Class 53 bis 1970 Vakuumbremse, danach umgebaut auf Drucklufbremse
Class 55 ja ab 1966 zusätzlich
Class 56 ja
Class 57 ja
Class 58 und alle folgenden ja

Bremsausrüstung von Elektrolokomotiven

Hauptartikel: Elektrolokomotiven
Lokomotive Vakuumbremse Druckluftbremse Elektropneumatische Druckluftbremse
Class 70 ja ja ja
Class 71 ja ja ja
Class 73 ja ja ja
Class 74 ja ja ja
Class 76 ja einige später nachgerüstet
Class 77 ja
Class 80 ja
Class 81 ja nachgerüstet ab 1972
Class 82 ja nachgerüstet ab 1972
Class 83 ja nachgerüstet ab 1972
Class 84 ja nachgerüstet ab 1972
Class 85 ja einige nachgerüstet ab 1968
Class 86 ja ja
Class 87 ja
Class 89 ja
Class 90 und alle folgenden ja

Bilder

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Links Morton Brakes, rechts Independent Brakes an zwei entgleisten und umgestürzten BR 16T mineral (TOPS-Code MCO). 60er Jahre.
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Brake Van mit nachgerüsteter Leitung für Druckluft. Brake Vans waren immer nur piped und nicht fitted.
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Bauzug ohne durchgehende Bremse 1976.

Weblinks

http://www.railwaysarchive.co.uk/documents/MoT_SevenKings1963.pdf — Eisenbahnunfall von Seven Kings 1963
http://www.igg.org.uk/rail/4-rstock/04arstock2f.htm — Goods And Not So Goods über die Entwicklung der Eisenbahnbremse im Vereinigten Königreich

Kategorien

Fahrzeugtechnik | Bahnbetrieb

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